Eine Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) verkündete im März 2021: „Laut RKI-Zahlen gelten 2383600 Menschen in Deutschland nach einer COVID-19-Infektion als genesen. Doch viele von ihnen sind noch nicht gesund: Schätzungen zufolge haben ca. 10 % mit Langzeitfolgen zu kämpfen, die unter den Bezeichnungen Post-COVID- oder Long-COVID-Syndrom bekannt sind. Die Betroffenen leiden vor allem an Lungen- und Herzbeschwerden und fühlen sich häufig extrem erschöpft.“ Ausführlich berichtete das Ärzteblatt 2020 über den langen Schatten von Long-COVID.
Eine Retrospektiv-Studie, veröffentlicht 2021 im British Medical Journal, analysierte Daten von ca. 47000 COVID-Patienten, die nach einer stationären Therapie entlassen wurden. Sie ergab, dass fast jeder dritte Patient wieder ins Krankenhaus musste und jeder zehnte verstarb. Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen traten häufiger auf als in der Kontrollgruppe. „Die Behandlung und Prävention des Post-COVID-Syndroms erfordert integrierte Ansätze und es sind dringend Untersuchungen erforderlich, um die Risikofaktoren zu ermitteln“, fordern die Autoren.
Definition
Long-COVID ist eine potenzielle Langzeitfolge der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Infektionskrankheit COVID-19, bei der Symptome auch nach der akuten Erkrankung über die Dauer von 12 Wochen hinaus anhalten. Diese Folgebeschwerden können auch bei einem milden Erkrankungsverlauf auftreten.
Symptome
- Erschöpfung, verminderte Belastbarkeit, Muskelschwäche
- Atemnot, Husten
- Geruchs- u. Geschmacksstörungen
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Konzentrationsstörungen (brain fog), Schwindel
- Herzbeschwerden: Arrhythmie, Brustenge
- Depressivität, Ängste, Schlafstörungen
- posttraumatische Belastung (nach Intensivstation) mit Ängsten und Depression
Im Zentrum der Beschwerden von Long-COVID stehen andauernde Erschöpfung und Lungenbeschwerden. Die Fatigue oder chronisches Müdigkeitssyndrom ist im Rahmen vieler chronisch-entzündlicher Erkrankungen bekannt und assoziiert mit erhöhten Werten von proentzündlichen Zytokinen, v. a. TNF-alpha. Dieser Entzündungsbotenstoff kann die Ursache sein für Müdigkeit, Gliederschmerzen, subfebrile Temperatur oder Depression. Es ist anzunehmen, dass erhöhtes TNF-alpha, oder andere Entzündungsbotenstoffe, auch bei Long-COVID eine Rolle spielt. Ferner ist anhaltende Müdigkeit bekannt als postinfektiöser Zustand, typischerweise nach Ebstein-Barr-, Herpes- oder Influenza-Viren-Erkrankungen. Studienübersichten lassen den Rückschluss zu, dass oxidativer Stress, chronische Entzündung und Störungen des Blutkreislaufs bedeutsame Faktoren bei Long-COVID darstellen.
Ursachen
Forschungsprojekte diskutieren folgende Ursachen: Entzündung am Endothel der Gefäße und Epithel der Atemwege, Neuroinflammation, Autoimmunreaktionen. Die vom Virus ausgelöste Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen (Zytokin-Sturm) und die Mikrothrombosen lösen entzündliche Erscheinungen auch im Nervensystem aus, das auch direkt vom Virus infiziert sein kann. Infolge tritt eine Störung der Durchblutung und der Neurotransmitter-Synthese mit einem Mangel an Serotonin, Dopamin und Noradrenalin ein. Oxidativer Stress ist eine zentrale biochemische Ursache dieser Vorgänge. Antioxidantien schützen vor Mikrothromben, die zur Neuroinflammation führen oder zu Autoimmunreaktionen beitragen.
- Schädigung der gefäßauskleidenden Endothelien mit erhöhter Thrombosegefahr (Marko-, Mikrothrombosen)
- nach der Genesung bleibender, überaktiver Zustand des Immunsystems und anhaltende Entzündung
- Störung der zellulären Energiegewinnung (Mitochondriopathie)
Risikofaktor Mikronährstoffmangel
Während einer viralen Infektion benötigt das Immunsystem viele Mikronährstoffe, z. B. Vitamin C, Zink und Aminosäuren. Der verstärkte Verbrauch dieser Nährstoffe kann sogar zu akuten Mängeln, z. B. von Vitamin C (bis in den Skorbut-Bereich), mit verlängerter Rekonvaleszens und der Gefahr erneuter Infektionen führen. Vitamin C schützt Organe und Gefäße vor schädigendem oxidativen Stress, Zytokin-Sturm und kann erhöhte TNF-alpha- und CRP-Konzentrationen senken.
Diagnose
Es ist sinnvoll den Status an immunrelevanten Makro- und Mikronährstoffen zu messen. Die Praxis für Komplementärmedizin erstellt und prüft individuelle Profile:
- Mineralien und Spurenelemente: Zink, Selen etc.
- Vitamin D und A
- Aminogramm: Versorgung mit Aminosäuren
- bei Corona-Burnout: Neurotransmitter
- ferner: CRP, proinflammatorische Zytokine (IL-1, -6), TNF-alpha, D-Dimere etc.
Therapie
Das Behandlungskonzept berücksichtigt den individuellen Laborstatus, substituiert wichtige Nährstoffe zur besseren Versorgung und Regulation des post-infektiösen Entzündungsstoffwechsels.
- Low-Carb-Ernährung: Kohlenhydrate reduzieren
- Vitamin-C-Infusionen und antioxidative Therapie
- Substitution von Spurenelementen: Zink, Selen etc.
- Einstellung von Vitamin D und A
- Versorgung mit Aminosäuren
- Omega-3-Fettsäuren und B-Vitamine (für die Nervenregeneration)
- Coenzym Q10, Carnitin und sekundäre Pflanzenstoffe
Insbesondere bei onkologischen Erkrankungen, Allergien und Herpes zoster konnten positive Effekte hochdosierter Vitamin-C-Infusionen auf begleitende Erschöpfung gezeigt werden.